Zum Buch Cocoknits von Julie Weisenberger gibt es ja bereits eine Werkbuchcafé-Rezension.
Über den Blick ins Buch hinaus wollte ich aber auch eine der Anleitungen ausprobieren, um zu sehen, wie sich die Cocoknits-Methode in der Praxis anfühlt und ob sie im Buch gut erklärt wird.
1. Die Vorbereitung
Das Buch Cocoknits beinhaltet acht Anleitungen für Pullover und Jacken. Alle werden mit eher großen Nadeln gestrickt und versprechen daher ein schnelles Erfolgserlebnis. Ich habe mich für Modell Emma in Version C – einer Strickjacke entschieden. Statt der vorgebenen Wolle hab ich eine andere mit etwas längerer Lauflänge verwendet: eine Mischung aus Schurwolle und Kaschmir 80/20 mit 66m pro 50g. Die Maschenprobe mit Nadelstärke 8 gestrickt war mir aber zu locker und so hab ich auf Nadelstärke 6 gewechselt. Das gefiel mir gleich viel besser und die etwas ungewöhnlichere Art der Zunahmen in die Vorreihe konnte ich auch gleich üben. Allerdings passte nun meine Maschenanzahl nicht mit der Angabe überein. Mit ein bisschen Rechnerei war aber klar, dass ich für die Größe M im Ergebnis einfach die Anleitung für XL stricken könnte, damit mir die Jacke am Ende auch passt.
2. Die Anleitung
Für die Cocoknits-Methode startet man am Halsausschnitt und strickt in einem das komplette Strickstück bis zum Saum. Für die Ärmel werden Maschen stillgelegt, die später aufgenommen und zur Runde ergänzt werden. Zum Schluss muss nichts zusammengenäht werden, nur zwei kleine Nähte an der Unterseite am Ärmelansatz sind nötig.
Schulterpartie
Die am Stück gestrickte Schulterpartie gleich zu Beginn fand ich das Schwierigste, aber auch das Faszinierende an der Cocoknits – Methode. Dafür muss nämlich vor dem Strickstart ein Zunahmen-Formular, eine Tabelle mit vielen Spalten, ausgefüllt werden. Leider hab ich vergeblich nach einem Download gesucht, die Tabelle muss man sich aus dem Buch herauskopieren oder als vorgedruckten Block teuer bestellen.
Diese Tabelle auszufüllen kam mir gleich mal reichlich umständlich vor. Man fügt gemäß der Anleitung alle Zunahmen der Schulterpartie für jeden Abschnitt ein. Allerdings muss ich zugeben, dass sich das Ausfüllen für den Überblick beim Stricken doch wirklich lohnt. Man kann jederzeit checken, wo man gerade ist und ob man alle Maschen wie beabsichtigt zugenommen hat. Strickt man immer mal wieder nach der Cocoknits-Methode, braucht man diese Übersicht wahrscheinlich bald nicht mehr.
Auch etwas mühsam fand ich das anfänglich viele Hin- und Herblättern im Buch. Ständig hüpfte ich von der Anleitung zu der Erklärung der speziellen Zunahmen aus der Vorreihe, dann wieder zur Erklärung der speziellen Schultertechnik, hin zur Erklärung, wie die Maschen für die Vorderseite angestrickt werden, usw.
Mit dem Fortschritt der Reihenzahl wird aber alles einfacher und mir gefallen jetzt die kleinen Details, wie die sehr unauffälligen Zunahmen im Maschenbild oder den schönen Abschluss an der Taschenöffnung, sehr gut.
Taschen
Überhaupt war das das erste Mal, dass ich ein Strickstück mit Taschen versehen habe. Man kann sich auch für eine Jacke ohne Taschen entscheiden, aber ich wollte das gern einmal ausprobieren, wie man Stoffinnentaschen bei einem Strickstück arbeitet.
Die Nähmaschine durfte dabei lediglich die Stoffstücke dafür zusammennähen, eingesetzt wurden die Stoffinnentaschen von Hand an das Strickstück. Das hat zwei Vorteile: Die Naht ist flexibel aufgrund des gewählten Überwendlichstichs und man sieht die Naht auf der Vorderseite der Strickjacke nicht, denn man kann sie innen durch die Wolle nähen ohne auf die Vorderseite durchzustechen. Dabei wurde mir mal wieder deutlich, wie ungewohnt uns heute das Nähen von Hand ist. Entsprechend ist die zweite Tasche viel schöner eingenäht, als die erste: die Handstiche sind mit der Übung gleich viel feiner geworden. Nicht, dass man sich diese fast unsichtbaren Nähte auf der Innenseite oft ansehen würde, aber ich hab doch kurz übers Auftrennen und nochmal Einnähen der ersten Tasche nachgedacht.
Ärmel
Sehr gefallen hat mir auch das Abketten des Saumes mit einer Abketttechnik, die dem Bündchenmuster folgt und elastisch bleibt.
Allerdings gab es auch noch eine kleine Durststrecke auf dem vorletzten Abschnitt vor Fertigstellung: die Ärmel. Eigentlich macht mir das Ärmelstricken bei Pullovern nicht viel aus, man kann sie ja normalerweise gut unterwegs (im Zug, in der U-Bahn) stricken. Aber nicht so bei der Top-Down-Technik, denn sie werden ja von oben nach unten gleich an das Hauptteil angestrickt. Das bedeutet nicht nur ein recht großes Strickstück auf dem Schoß, sondern auch, dass man beim Drehen des Ärmels, während man Runde um Runde weiterarbeitet, auch die gesamte Strickjacke mit drehen muss. Oder man löst zumindest immer mal wieder die Eindrehungen auf.
Beim nächsten Mal probiere ich das anders, man könnte ja den Ärmel separat stricken und mit dem Maschenstich anhängen.
Schulterpartie am Stück gestrickt Maschenaufnahme am Seitenrand Superschöner Taschenrand (innen) Nähmaschine für die Innentaschen Von Hand eingenähte Innentaschen Tolle Abketttechnik Es fehlen noch Ärmel und Blende Fertig! Meine Begleiterin durch den Vorfrühling
3. Fertigstellung
Bis auf die zwei kleinen Öffnungen am Ärmelansatz und dem Vernähen von wenigen Fäden, gab es nicht viel im Endspurt zu tun. Das ist definitiv ein Vorteil der Top-Down-Technik und gibt ein schönes Erfolgserlebnis, wenn man mit dem Abketten der letzten Kante dann auch tatsächlich gleich fertig ist.
Dadurch, dass ich während des Strickens die Jacke jederzeit anprobieren konnte, passt sie jetzt auch wirklich super. Die Ärmel- und Rückenlänge kann man wunderbar ohne zu messen einfach nach Gefühl beim Anprobieren adaptieren und die Schulterbreite passt tatsächlich ebenfalls perfekt dank der Rechnerei am Anfang. Ohne Maschenprobe und Rechnen, wäre man aber auch schnell darauf gekommen, dass etwas nicht passt, bevor auch nur die Hälfte gestrickt gewesen wäre.
Ich glaube, es gibt kaum etwas Frustrierenderes, als wenn die wochenlange Arbeit umsonst war, weil man das Strickstück nicht tragen wird. Und genauso gibt es meiner Meinung nach kaum etwas Schöneres, als wenn das Strickstück tatsächlich gelingt und so gut passt und aussieht, wie man sich das beim Anschlagen vorgestellt hat.
4. Fazit
Trotz der Herumblätterei am Anfang und der ungewohnten Methode bin ich mit der Anleitung dank der zusätzlichen Erklärungen und Bilder sehr gut klar gekommen. Während des Strickens haben mich die durchdachten Details überrascht und ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
5. Ergebnis in Zahlen
Projektstart: 30.12.2020
Projektfinale: 23.02.2020
Projektdauer: 55 Tage
verbrauchtes Material:
750g schwarze Wolle =15 Knäuel (á 50g) =990 m
schwarzer Baumwollstoff
Werkzeug:
Stricknadeln Ns. 6 als Rundstricknadel für den Hauptteil, abgestrickt mit Ns 3,
Blende mit Cubics Ns. 4,5 gestrickt
Maschenmarkierer
Nähmaschine, Nadel und Faden
Schere, Nadel mit stumpfer Spitze zum Vernähen